JETZT bin ich dran, nach all den Jahren des Andere und Anderes in den Mittelpunkt meines Lebens stellen ist die Zeit gekommen, wo ich mir alles anschaue, weglasse was nicht echt ist und rein lasse was ich verloren habe, um irgendwie dieses Selbst wiederzubeleben und zu erleben. Das war mein Neujahrsvorsatz der erste und einzige. Ich lebe ihn seither mit jeder Faser meines Seins. Das inkludiert meinen Traumata Raum geben, weil sie einen großen Teil meines Lebens ausgefüllt haben. Es geht nicht ums loswerden oder verarbeiten, sondern ums heimholen und integrieren aller Anteile.
Ich weiß nicht, woran es liegt. Jedenfalls versucht Mensch in dieser rätselhaften, problematischen Sturheit darauf zu beharrt, sich von seinen Wunden und Traumata abzuschneiden, statt sich ihnen zuzuwenden. Es muss sich um ein Missverständnis zu handeln – als verschwänden meine Traumata, wenn ich nur lange genug leugne. Wir mögen die Augen verschließen, aber unsere Traumata steht weiterhin gut sichtbar in unserem Leben rum, und zwar, wenn wir ehrlich sind, meistens im Weg. Nicht nur leben wir mit Angst und Schmerz in unseren Knochen – wir investieren auch noch in die Scham darüber – die Leugnung dessen – plus in die Ablenkung unserer Mitmenschen, die diese wunden tiefen Punkte in uns nicht ahnen und nicht finden dürfen.
Sollten wir je mit dem Versteckspiel aufhören, werden wir sehen: Hier wandelt keine Menschenseele ohne Wunde. Im Trauma fühlen wir uns verloren und allein, aber das tun wir alle gemeinsam. Kaum zu glauben: Im toten Abgrund der Verzweiflung, Einsamkeit und Kälte ist für viele Platz. Dieses, was wir alle tragen, alle verschweigen, alle sind, was uns alle fordert, was ist das? Was siehst du dort, wenn du eine heimliche mutige Minute lang in diese Richtung blinzelst? Du siehst etwas anderes als das, was du befürchtet hast. Diese Erfahrung haben mir die letzten Wochen mehrmals ermöglicht. Erst an einem Wochenende mit Franz Ruppert zum Thema „Mein Körper, mein Trauma, mein Ich“ und das letzte lange Wochenende mit Romana Tripolt der „Tanz aus dem Trauma“. Beides hat viel bewegt weil mir das Leben den Raum gegeben hat und ich den Mut aufgebracht habe mich mit meinen Themen in die Mitte zu stellen.
Beim der Identitätsaufstellung mit dem Anliegensatz hat mir das Los geholfen und mit zitternden Gliedern wurde mein Anliegen zur Klärung „Ich, der Missbrauch und die Liebe“ aufgestellt. Es ging um die Suche nach dem Selbst, nach den Gefühlen, den Schmerzen, die mich zurückbringen ins Leben. Meine Dauerstrategie ist weggehen von mir, mich dissoziieren, raus aus der inneren Körperwelt in andere Sphären, somit ist sogar die eigene Spiritualität erfahrbar als Traumaüberlebensstrategie. Um nicht spüren zu müssen wie weh es tut, mich verloren, aufgegeben und immer wieder verlassen zu haben. Es wurde klar erkennbar wie ich mich verlasse, missbrauchen lies und nur über Beziehungen definiert habe. Für mich allein hatte es keinen Sinn, dass ich bin. Wie kann ich herauswachsen aus dem Selbstbeziehen auf Jemanden und mir selbst genug sein? Ich soll mich in den Mittelpunkt meines Lebens stellen? Welches Ich das hab ich doch durch Jahre langes bekämpfen geschrotet, um immer bedingungsloser im Außen zu lieben. Die Erkenntnis kam wie ein Blitzschlag „ich will lieben und geliebt werden, wie soll das gehen wenn ich nicht ich bin“ ein Urschmerz bäumte sich als nachhallender Donner in Wellen auf und der Widerstand wuchs gegen den nächsten Schritt: Die Identität ist wichtiger als die Liebe. Was, nein alles nur das nicht, die Liebe ist mir heilig unermesslich viel wichtiger als dieses bedeutungslose Ich!
Damit sein brachte eine Gefühlsachterbahn, Ruhelosigkeit im Winterwald und ein Gedicht ans Licht:
Nichts stirbt ewig
Wer macht mich wann zum Ich?
Lieben wollen im außen loslassen.
Einsame Leere ich mit mir.
Endlos uferlos verloren wo bin ich?
Wo hab ich mich überall aufgegeben?
Verstreut im außen!
Ausschau halten nach mir in mir.
Was kommt zu mir?
Lebt meine Identität?
Wo liegen die Leichen?
In mir wird das Schattenreich lebendig.
Unterleibsschmerzen, Übelkeit, Kieferschlottern und stechende Nackenschmerzen.
Dämonenschreie verstummen und erste Tränen rollen
über meine Wangen an den nassen alten Baumstamm gelehnt zur Erde.
Wieder ist ein Stück „ich bin“ mehr da.
So geht das wahrhaftige Leben.
Die Liebe ist eh da, nicht zu finden.
Nur nicht ablenken lassen von ihr, sie ist das Leben.
Das eigene wahrhaftige pure Leben.
Die menschliche Psyche ist darauf ausgelegt die Wahrheit aufzudecken. Nur die Traumaanteile wollen die Realität und Klarheit nicht. Erst im Trauma beginnt dein Leben, aufzuwachen. Konzepte zu durchschauen als Konzepte, unter Lügen zu leiden, weil sie lügen, und sich so qualvoll tief nach der Liebe zu sehnen, dass es sie finden kann. So beginnst du, am Altar deiner Wunden zu knien und zu lernen. Trauma ist der Raum, aus dem die großen Visionen und einige unserer besten Methoden für Heilung geboren wurden, und Trauma wird aufgezählt als eines der buddhistischen Tore zur Erleuchtung. Die Anerkennung der Traumatisierungen heilt. Heilung ist ein Weg, der in so magischen Momenten die Weichen des Lebens wechselt. Heilung ist ein Schritt aus der Normalität in die Individualität, aus dem inneren Chaos in die innere Harmonie, aus der Ohnmacht in die Macht, aus der Opferrolle in die Verantwortung.
Nähe ist etwas, das in dir stattfindet. Nähe ist etwas, das du in dir fühlst. Wenn du Nähe fühlst, ist es deine Nähe zu dir, die du fühlst, nicht die Nähe zu einem anderen. Als Kind hast du dich unter Schmerzen verschlossen. Als Erwachsener ist deine Öffnung deshalb ebenfalls mit Schmerzen verbunden. Auf dem Weg deiner Öffnung ist es oft der scheinbar einfachere Weg, dich umzudrehen und zu gehen. Der bereicherndere ist es, zu bleiben … bei dir selbst … und dir dann genau anzuschauen, wie das alles in dir funktioniert.
Wohin wollen erzeugt Spannung. Mangel erzeugt Bedürfnisse und erweckt Sehnsüchte. Mangel setzt in Bewegung. Erwachen ist vorerst schaurig! Ein innerer Erdrutsch nach dem anderen. Wer bin ich wirklich? Keine Ahnung! Was will ich wirklich? Hilfe ich hab die Frage noch nie wirklich konkret beantwortet geschweige denn das Ergebnis kommunizierend ausgedrückt.
Wollen und Bedürftigkeit machen mir Angst und werden versteckt. Dieses Unheil und Unvermögen bewusst wahrnehmen. Mein System arbeitet ständig daran Gefühle zu unterdrücken und das Leben zu ertragen. Da ist keine Eigenständigkeit und meist kein Zugriff zu meiner Intuition. Mein eigener Instinkt und meine Intuition ist mir oft fremd. Bewusst bei mir sein und zu Hause bleiben mit allem möglichen Weh. Mich mit mir konfrontieren, dem Sog des Strudels der Konditionierungen standhalten und im Nichtwissen einlassen auf was ich eigentlich bin. Das Versteckspiel mit mir selbst, meinen Rollen und Masken aus Abhängigkeiten und Überlebensstrategien anhalten.
Aufhören zu steuern und „einfach“ nur spüren wie ich bin.
Jetzt endlich befasse ich mich mit mir selbst und wage mich an/in meine Individualität.
Frieden machen mit dem was ich noch bin! Frieden schließen mit der Position an der ich mich befinde. Im Frieden sein mit den Frustrierungen und dem gefühlten Mangel. Ich bin wo ich bin und lerne mit der Ungeduld und Unzufriedenheit klarzukommen. Es ist ein aushalten des nicht so seins wie ich gerne wäre. Eine spirituell sich selbst bewusste lebendige Individualität, ein wahrhaftig menschliches Lebewesen (keine funktionierende Person!). Meine Sehnsüchte haben und gleichzeitig die Realität spüren. Wie kann das zusammenkommen und verschmelzen?
Innehalten. Weil ich nichts getan habe hat mich das Leben transformiert. Als ich aufgehört habe den Schmerz zu vermeiden hat das Leben meine seelischen Wunden zuerst geöffnet und nun Stück für Stück erlöst. Lust an der Hingabe. Tiefer loslassen. In die unangenehmen Gefühle rein lehnen, darin ertrinken und sie verbrennen lassen. Das Unangenehme sagt nur dass etwas Fremdes, ein Glaube über uns und die Welt in unserem Unterbewusstsein nicht stimmt. Es hilft uns zu bemerken was nicht in der Wahrheit ist.
Und nun hinein in den Tanz mit den Traumata mit dem Anfangswunsch wie ich am Schluss sein möchte: „Ich bin … da, in und bei mir. Ich halte und spüre mich.“. Ich möchte in mir bleiben, mit der Seele im Körper, im spüren frei von inneren Druck was an mir verändern zu müssen/wollen! Ich möchte erfahren was Liebe ist. Ich möchte, dass du es mir zeigst. Tja stattdessen gab es zu Beginn viel Widerstand und Erschöpfung bis sich das Dunkle in mir in Bewegung setzte. Ab dann aus der Tiefe meines Dämonenreichs kam die Energie. Ja es darf mir (von mir?) übel sein. Ich tanzte mein Leben, in meinem Leben, mit dem Leben getragen von dem Satz „Tanze als hättest du Flügel auf den Füßen“. Viele Momente wo kein Festhalten und kein dagegen drücken mehr existierte, da wo nichts mehr für das Loslassen getan werden muss. Das Königreich jetzt hier auf meinen Füßen. Lebenslust pur mit dem Atem als meinem Liebhaber. Wie es dazu kam liegt im Kern in einem eigenen Prozess vor der Gruppe begründet, den ich hier mit dir teilen möchte:
Stehen vor all den Menschen, spüren, pochender Herzschlag, Enge im Hals, Nackenschmerzen, ich stehe da und ja es gibt ein gutes Gefühl im Becken und lebendige Beine. Mit meinem Thema „Mama“, im Körper in Resonanz gehen, alles zieht sich zusammen, ich will sie und schrecke zurück, doch nicht, überall lauert Gefahr! Eintauchen in diese Gefahr, zittern im Becken und Kiefer, meine Füße verselbstständigen sich in der Unruhe und plötzlich eine Angstwelle aus der Tiefe und der Satz „ich hab Angst sie bringt mich um“ in den Raum flüstern, zitternde Todesangst, sich schlängelnde Wirbelsäule, angeleitet dabei bleiben und in die „guten“ Körperbereich fokussieren, die Angst klingt aus in einem leichten Schütteln.
Was brauchst du als Unterstützung? Dabeibleiben, nicht weggehen/ausweichen, sondern Dasein. Und Mut bitte! Je eine Stellvertreterin für diese Qualitäten aus der Runde vertraute Seelen an der Seite, ich entspanne mich.
Was ist jetzt? Unruhe zittert durch den Körper, Wutkraft im Becken (kindlicher Größenwahn womöglich bringe ich sie um) und vor allem Ekel sich ausdrückend über die Zunge (rausstrecken, schnalzen, sabbern) und mit Grimassen im Gesicht, Lust pulsiert durch den Körper, davon Gelächter, eine komische Freude mich so zu zeigen abgelöst von Scham (ich will weg).
Wie alt bist du? Klein vielleicht 1-2 Jahre.
Was ist jetzt? Ich gehe weg. Augenkontakt mit Romana und erinnern an die Erwachsene hier auf diesen Füßen. Dabei bleiben, in die Scham eintauchen, Übelkeit, Muskelkontraktionen des Erbrechens und Festhalten im ganzen Körper. Dann kollabieren nach vorne über hockend schluchzen. Den Kopf hängen lassen erleichtert. Knisternde Stille und dann spontan mit einer Rolle vorwärts in die Rückenlage aufmachen und daliegen am Boden vor allen hilflos offen.
Spürst du deine Kleine? Ein wenig, die Füße bewegen sich rhythmisch von selbst. Da ist ein pulsen, ein Rhythmus in mir und drückt sich aus. Der Kontakt zum Boden entspannt, sie trägt, gibt mir Sicherheit und hält mich. Die Wirbelsäule schlängelt sich und der Kopf rollt in kleinen Bewegungen zuckend umher. Ich fühle mich mit meiner Kleinen in mir und im Leben. Zum ersten Mal fühle ich mich sicher unter Menschen! Tränen der Berührung, alle halten den Raum, ich sehe Romana an und der Augenkontakt ist pures Erkennen. Im Kern gesehen und gespürt werden ist für mich die heilsamste Erfahrung überhaupt.
Dann wieder eine Schamwelle klebrig im Bauch und Unterleib, dass Zwerchfell steinhart, das Kiefer zittert. Ich bin ekelig und alle sehen es. Im Körper bleiben und in der Scham mit der Übelkeit und dem stechenden Unterleib starr im Rumpf und bewegt in den Füßen langsam zusammenfließen der inneren Räume erfahren. Eine unglaublich tiefe Entspannung und Stille breitet sich aus. Da liegen, Dasein, gesehen werden in meinem Sosein. Ich darf Dasein wie ich bin und bekomme Raum. Dankbarkeit! Ich darf liegen, mich bewegen, annehmen. Ich muss nicht mehr stehen und mich kontrollieren oder verstecken (vor Mama).
Langsam wieder aufrichten rollend über die Seite ins Hocken. Zeit lassen. Scham tropft aus meinem Becken. Es fühlt sich an wie eine Schale. Kniend den Kopf heben zur Decke, die Energie der Urmutter spüren, einfahrend in mich und alle rund um durchfließend, sie hält alle (auch meine Mama) in sich geborgen. Dankbar aufstehen. Umarmungen für so viel Gefühl und Lebendigkeit, Wahrhaftigkeit tut gut. Wo viel Scham ist, ist auch viel Lust!
In dem Moment, wo du bereit bist, dich deinen Gefühlen auszuliefern, entstehen neue Universen. Über den Körper den Moment erleben und das Leben direkt erfahren. Mich in die Welt gebären. Mich zeigen mit meinen Gefühlen da beginnt Intimität. Das Erleben der eigenen Körperlichkeit als Supersensation wahr-genommen, um wirklich im Frieden mit sich zu sein. Ich erlebe also bin ich. In der tiefsten Beziehung triffst du dich selbst ohne Filter, Vorsicht, Zurückhalten, Konzepte oder Schleier. Mich von der Energie leiten lassen (anstelle von den Vorstellungen). Ich lasse Lebensenergie durch mich fließen bis dieses ich verschwindet. Zurücksinken ins Urvertrauen. In und durch mich geschieht Heilung. Tiefe Wertschätzung für mich. Ich erahne die Göttin und segne mein Leben!
Vielleicht kennst du die Geschichte vom glücklichen und unglücklichen Kind: Dem unglücklichen Kind wurde einen Tag lang ein ganzes Zimmer mit Spielzeug geschenkt. Das glückliche Kind wurde in ein Zimmer mit einem großen Misthaufen gesteckt. Am Abend wurden beide Kinder nach ihrem Tag befragt: „Alles Scheiße, irgendwann wurde mir langweilig …“ klagte da unglückliche Kind. Das Glückliche jubelte: „Da war so viel Scheiße, da können die Ponys nicht weit sein.“ Jetzt verstehe ich sie wirklich in der Tiefe.
Wenn du bis hier gelesen hast sei dir für deine Ausdauer ein Orden verliehen und aus meinem Herzen ein Lichtstrahl zugesendet. Schön das du Anteil an meinem Leben nimmst! Fühl dich umarmt! Barbara