Sucht und Abhängigkeiten sind Strukturen in die ich hinein inkarniert bin. An fing es schon im Mutterleib wachsend in einer sport- und magersüchtigen Frau, deren Mutter zu der Zeit in der Alkoholsucht unterging nachdem ihr Mann an den Folgen der Alkohol- und Zigarettensucht verstarb. Auf der Vaterseite schaut es ähnlich dicht mit Abhängigkeitsprozessen aus. Zwangsverhalten und Süchte umgaben mich und so habe ich einiges ausprobiert und manches mir zu eigen gemacht, um das Leben auszuhalten wie es war. Erst mal mit 8+ Jahren ab und an zu viel Alkohol und als das in einer richtig bösen Erfahrung im betrunkenen Zustand mündete, ging es in die Gegenrichtung weg von Kontrollverlust suchen hin zur Selbstkontrolle. Mit 16+ Jahren etablierten sich Sportzwang und Magersucht. Mama lässt grüßen. Letztere ließ sich abschwächen ohne mich in der Tiefe ihrer inneren antreibenden Strukturen bis jetzt verlassen zu habe.
Die Verhaltensweisen sind gesünder, aber der innere Druck ist immer noch vorhanden. Oft stecke ich in einer Anspannung mir weder begegnen noch vor mir mehr weglaufen zu können. Vielem in und um mich bin ich ausgeliefert. Da ist eine Verzweiflung zu wissen, dass ich mit mir in Kontakt sein muss, um zu leben und es oftmals nicht zu können. Milder sein, weicher mit mir ein steiniger Weg. Es kostet viel Kraft Teile von mir anzuhalten. Zügellos wirkt die gnadenlose Disziplin bis zur Zerstörung des Körpers. Da ist ein „du musst alles geben, egal wie es ausgeht, zumindest muss voller Einsatz von dir gekommen sein“ sonst ist da ein unangenehmer Vorwurf am Laufen. Mitunter kommt es mir vor als wäre ich fürs Überleben am Schlachtfeld oder auf der Intensivstation gemacht und nicht für ein friedliches, entspanntes Leben. Genau hier liegt das Problem: Leben braucht keinen Kampf und keine Kriege mehr. Es muss nicht mehr erzwungen werden, denn es ist längst da. So findet auch der bester Krieger und die größte Kämpferin das eigenes Ende nicht unter dem Schwert eines anderen, sondern im Ozean der eigenen Tränen.
Eine Zeit lang hat die Disziplin mich am Leben gehalten und dann viel länger Halt gegeben. Gleichzeitig ist sie eine mitunter bewunderte geheime Bürde, die ich nicht erklären und in Kontakt bringen kann. Was es gibt an guten Konzepten bis hin zum Yoga macht sich in mir mit Druck breit als Verpflichtung. „Steh auf, wenn du kannst dann beweg dich! Beatme dich sonst stirbst du, mach dich hart, bereite dich auf den Lebenskampf vor, trainiere sonst wirst du schwach, hilflos(er), lethargisch und letztlich nutzlos, weil nicht mehr hilfreich und funktional. Atmen zumindest musst du mehr atmen und Atemübungen machen.“ so klingt das wenn mein Verstand denkt er muss mich zum Leben zwingen. Zwingen zum Weiterleben, zum wachsam Sein, zum Lernen, zum Arbeiten, zum Helfen, zum Tun, zur Bewegung, zum Essen. Es hat was Maschinelles das menschliches Dasein versucht und alle möglichen Programme ausprobiert ohne weiterzukommen, weil ihm das menschliche Anfangsgefühl fehlt. Dieses Netzwerk und die Vielfalt an Bewusstseinszuständen sind schwierig, wenn das Körpergefühl und die Liebe zum Navigieren fehlen. So habe ich gelebt getrieben auf Wahrheitssuche und andauernd mich regulierend, um dazu zugehören und weiter am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Bis es nicht mehr ging und auch nicht mehr geht, weil der Zwang alle Lebensenergie verbraucht (hat). Letztlich zerstörte der Zwang sich selbst und legte mich flach mit der Botschaft „Knie dort nieder und lasse deinen Kopf voller Aufrichtigkeit hängen!“. In den folgenden Monaten des Krankseins wurde ich mehr und mehr aufgebrochen und einiges zerbrach auch ganz.
Gestoppt ist da ein Tornado an Not, die kontaktlos alleine zu halten ist. Immer hilfloser werdend im „Muster stoppen“ erlebe ich viele Versuche wieder auf sie zugreifen, um den Halt zu erfahren den sie mir geben. In mir ist viel Angst vor Haltlosigkeit und Kontrollverlust. Massen an verzweifelt auszuhaltender Not wieder so hilf- und haltlos zu sein, wie ich war bevor ich meine Bewegungen und Nahrungszufuhr steuern, lenken und kontrollieren konnte. Gerade die Bewegung und die Ernährung sind ein lebenslang in Balance zu bringender Lebensinhalt der nicht wie andere Substanzen oder Verhalten weggelassen werden können. Es braucht fortwährend ein Heilsames zuführen und anderes so es geht weglassen. Beim Essen fällt es mir mittlerweile leichter, weil die Gluten- und Histamin-Intoleranz mitsamt den Nahrungsmittelallergien ohnehin nicht viel Raum lassen. Was verdaubar und nicht tierisch ist wird gegessen. Bei der Bewegung ist es ein langsam wieder freier dafür werden und tageweise unterschiedlich viel Energie zur Verfügung haben.
Alle meine Leiden, Krankheiten und Symptome haben Angst (vor dem Leben, den Menschen, mir selbst) als Wurzel. Da ist eine tiefe Angst mir selbst zu begegnen. Mein ganzer Körper ist voller Angst und Anspannung, die sie zu regulieren versuchen. Nichts kann da helfen. Außer vielleicht Hilfe meine Angst zu spüren, zu bewegen, zu halten, zu fühlen in einer sicheren fürsorglichen dableibende Umgebung (räumlich und menschlich), die mir ermöglicht selbst da zu bleiben. Ab und zu kann ich bei einem Menschen wie auf einer rettenden Insel für kurze Zeit landen und dann werde ich wieder übernommen von den Gewalten des Ozeans. Dann muss ich wieder mit mir alleine sein und erleben wie in der Angst letztlich das Nervensystem kollabiert und gefühlt ewig lange nichts geschieht. Der innere leere Raum für den es keine Sprache gibt, weil er stumm, verlassen, formlos und dunkel ist. In mir ist dann kein Anfang, kein Ende und kein Ziel. Existenzielle Leere fällt mir so schwer, aus der Angst, dass das Nichts womöglich irgendwann nicht mehr aufhört. So spinnt sich ein unheilsamer Kampf gegen und Flucht vor der Leere, weil ich sie als endlose Gefahr wahrnehme. So viel steht dem identitätslosen Raum entgegen, eine Vielfalt an Identifizierungen, unzählige innere Konflikte, Abspaltungen in Schützengraben, scheinbar lebensrettende innere Kritiker, Fragmente der Psyche, mannigfaltige Konditionierungen. Dauerdruck und die Rebellion dagegen übernehmen den Raum. Sucht kommt meiner Erfahrung nach nicht von Suche sondern von Siechen, ein Versuch der große innere Not (Leere, Angst) zu entgehen, ihr – sie begrenzend – zu begegnen und dem Siechtum für Momente zu entkommen.
Jeder tiefere Atemzug könnte die Schmerzen verstärken. Jede Regung ist potenziell noch schmerzhafter als die Erstarrung und Schutzhaltung in der An- bis Verspannung. Wenn die Verhärtung schmilzt tut das sehr weh körperlich und emotionale Angstmassen kommen in Bewegung und überrollen in Wellen alles was ist. Bisher war meine Angst gezähmt durch die beruhigende Vorstellung, dass ich mich jederzeit umbringen kann. In letzter Zeit merke ich, dass ich es nicht mehr übers Herz bringe, den Körper zu zerstören, wo er doch das Ehrlichste ist was ich habe. Ich passe also nicht einmal mehr unter die Lebensmüden. Das bedeutet nicht, dass das „sterben wollen“ Programm aufhört. Schön wäre es, wenn nichts mehr dem Tod entgegen streben würde und alles einfach ist. Für einen Moment würde ich dann vielleicht denken, dass leben schön ist. Utopie. Die Realität ist, dass ich ein Feigling bin und meist nur über meine Angst hinweg ging, um furchtlos zu erscheinen. Mein größter Mut bestand lange darin mich nicht umzubringen.
Je traumatischer die Kindheit war, umso gnadenloser ist der innere Kritiker. Wir sind fast alle süchtig oder beinahe süchtig sprich immer in Gefahr es (wieder) zu werden. Warum, weil der innere Rebell sagt „ich habe keine Lust auf dieses Scheißleben, lieber betäube/berausche ich mich, als so nüchtern hier weiterzumachen“. Hat er gewirkt kommt danach der innere Kritiker zurück an die Macht und haut mit „nie wieder“ Beschämung und Druck zurück und schmiedet Pläne. Während diesem Konflikt stürze ich ab und lande in Einsamkeit und Verlorensein (wie in der Kindheit). All das lenkt von den wirklichen Gefühlen und Erfahrungen ab. Den pure einfachen kindlichen Gefühlen die da sind. In Echtzeit sagen was ich denke, ausdrücken was ich spüre und fühlen wie ich fühle ein lange gehegter Traum. Groß ist die Angst vor den Folgen im Inneren wie Scham, Verloren sein, Wut fühlen, Eifersucht, Rage spüren und im Äußeren wie verraten werden, Ablehnung erfahren, Verurteilung erleben und potentiell gnadenloser Abwertung.
Wenn ich es aushalten könnte, hätte ich es längst getan, dann müsst ich nichts mehr von mir beschützen in und vor der Welt. Das innere Tribunal die Unauthentizität hat mir das Leben gerettet. All diese Prozesse sind Teil meines Schicksals und werden wohl auch immer da sein. Die gehören zu mir. Eine Aussöhnung ist möglich, wegmachen sinnlos. Sie wollen mich, komme wer oder was wolle schützen vor Intimität samt Überflutung und anschließendem benutzt Verlassenwerden und in bodenlose Hilflosigkeit stürzen.
Der Guru/Priester ist der äußere oberste innere Kritiker. „Ich bekämpfe mein Trauma durch die Erleuchtung“ ist der größte bullshit den ich je geglaubt und ausprobiert habe. Spirituelle Erfahrungen können Mechanismen lockern und beobachtbar machen, heilen wird dadurch keine Sucht. Ja ich habe das Nichts als angestrebte Alternative gewählt (aus der Not im Abgrund des Lebens). Und da ist immerwährende Bereitschaft für Transformation, sowie Sehnsucht nach echter Präsenz im Körper. Keiner hat das Recht uns den Atem zu nehmen und schon gar nicht im Namen Gottes! Auch ich habe das Recht auf Atem und darauf meinen Schmerz (öffentlich) zu zeigen. Niemand nimmt mir mehr den Atem – meine Daseinsberechtigung. Die Kraft dieser Erlaubnis zu spüren ist befreiend. Ich darf GANZ EINFACH da SEIN wie ich bin. Ich lasse jetzt Gerechtigkeit für mich walten. Mit dieser Erlaubnis lerne ich nährende Bewegungen im Moment zu suchen statt geplante zehrende Programm abzuspulen, Und übe mich darin den tatsächlichen körperlichen Bedürfnissen nachzugeben. Alles was nicht messbar und funktional ist hilft mir dabei.
Genauso wie Menschen die in einer Güte mit sich selbst und ihrem Unliebsamen offen da sind. Die die Härte gegen sich und in sich kennen, die Verzweiflung es mit aller Willensanstrengung nicht hinzubekommen und den inneren Druck in sich erleben unter dem Abhängige stehen. Jene, die die Sucht als verzweifelten Versuch der Selbstregulierung achten, und mir ermöglichen selbst Mitgefühl mit Abgelehntem zu haben. Oft ist das echteste Gefühl, das ich habe das Nichts. Eine Art Abwesenheit und Teilnahmslosigkeit ohne erkennbaren Sinn. Ich schätze das Leben nicht und bin unfähig zu lieben. Das so ehrlich zuzugeben lässt mich Scham fühlen. ES ist so als würde mir essentiell Menschliches fehlen. Wie kann ich etwas erschaffen – (bedingungslose) Liebe – was ich nie erlebt habe? In meinem Erleben ist das Leben ein Problem, das jeden Tag aufs Neue zu lösen ist. Wenn ich meinem Instinkt vertraute, würde ich ununterbrochen um Hilfe schreien. Gleichzeitig ist mir klar, dass es keine Version ohne mich gibt. Letztlich bin ich es, die mein um Hilfe schreiendes Ich (aus)zuhalten hat.
Da sind Begleiter*innen (Danke Eva, Gregor, Angela, Romana, Verena, Ingeborg, Claudia, Kata, I-Dschyn) an meiner Seite wie auch Gabor Maté der mit seinem vor Jahren gelesen und verinnerlichten Buch „Wenn der Körper nein sagt – Wie chronischer Stress krank macht und was sie dagegen tun können.“ vieles ins Bewusstseinsfeld meiner Wahrnehmung brachte was vorher verborgen war. Beeindruckend ist seine Weite an Perspektiven (aus der Forschung, Hausarzttätigkeit, jahrelanger Arbeit in einer Suchtklinik als Psychiater und dem traumatherapeutischen Wirken) und die Tiefe des Mitgefühls als selbst Betroffener (ADHS, Arbeits- und Kaufsucht) der sich ganz offen legt (auch mit den eigenen familiären Prozessen). Sein aktuelles Buch habe ich als Schatz im letzten Monat mit mir getragen, mehrfach und stückweise gelesen, verdaut und essenziell verdichtet. Deshalb gibt es an dieser Stelle erstmals einen inhaltlichen Beitrag zum Thema Sucht und Abhängigkeiten:
Essenzen aus Dr. Gabor Maté „Im Reich der hungrigen Geister – Auf Tuchfühlung mit der Sucht – Stimmen aus Forschung, Praxis und Gesellschaft“ (2021, unimedica Verlag)
Eine falsche Bindung an etwas, das die Seele nicht nähert, ist kein Irrtum, der nur auf Süchtige zutrifft, sondern der allgemeine Zustand der Menschheit. In einem Zustand emotionaler und spiritueller Armut werden wir von was auch immer verführt, das uns unsere große Angst nicht fühlen lässt. Das ist der Ursprung des Abhängigkeitsprozesses. Dazu kommt der Drang etwas von außen aufzunehmen was korrekterweise von innen entstehen sollte. Wenn das Ewige vernachlässigt wird, trennt man sich von der authentischen Quelle der Kraft und verliert seine Stimme. Je weniger wir uns der eigenen Wahrheit bewusst sind, desto verzweifelter suchen wir nach Sicherheit außerhalb unserer eigenen Selbst. Je größer die Angst, desto stärker die Anziehungskraft des Abhängigkeitsprozesses.
Sucht ist nicht die Aktivität/Sache, sondern die Beziehung zu diesen, der starke Fokus der Aufmerksamkeit auf diese Tätigkeit/Substanz (externe Quelle des Lebens). Typische Zustände sind Verlangen, Scham, Manipulation, Täuschung, Reizbarkeit, Trostlosigkeit, Haltlosigkeit, Angst, Verbitterung und (Vermeiden der) Leere. Unvollständigkeit ist ein Grundzustand des Süchtigen. Da ist eine Überzeugung nicht genug zu sein, um mit den Anforderungen des Lebens klar zu kommen. Kaum etwas scheint Halt zu bieten. Süchte werden als Möglichkeit empfunden Struktur zu erzeugen. Chronische Angst ist bei vielen Abhängigen oft unbewusst am Wirken. Sie ist da, genau wie die Sucht selbst, mit der die Angst unterdrückt und zu kontrollieren versucht wird. Die Angst wird immer ein Ziel finden, existiert aber unabhängig von ihren Zielen. Sie verschwindet nicht, man kann nur die Beziehung zu ihr verändern und sich mit ihr verbinden.
In unserer Kultur ist die Unterdrückung von Emotionen eine Hauptursache von Stress und damit von Süchten. Früher Stress beeinträchtigt die Entwicklung des Gehirns und das emotionale Wachstum, vor allem aber zerstört es den Kontakt des Kindes mit seinem Selbst und das Vertrauen in ein fürsorgliches Universum. Sucht ist oft ein fehlgeleiteter Versuch der Stresslinderung. Für Menschen sind die meisten Stressoren emotionaler Natur. Es ist unmöglich den Schaltkreis des süchtigen Gehirns zu kühlen, wenn wir ihn durch chronischen Stress immer wieder neu erhitzen.
Ein Suchtende eröffnet sich im Sehen und Erleben der Leere des Verhaltens. Ich erfahre, dass ich die Aktivität/Substanz benutzt habe, um Leiden zu betäuben und Leere zu verhindern.
Sucht ist eine Möglichkeit Intimität zu meiden und letztlich ein Liebesersatz. Wo Liebe sein sollte logiert die Sucht. Sie erschafft das Leben bis zur Wahl der Abstinenz (sich zwingen ohne Verhalten/Substanz sein, was unweigerlich Widerstand und Gegenwillen auslöst und somit in einem Kampf mündet) bzw. Enthaltung (etwas Anderes von größerem Wert machen und sich somit befreien).
Wege zur Enthaltung (Abstinenz):
Die eigene Wahrheit zu leben ist der Sinn des Lebens! Entscheidend für jede Transformation ist das Loslassen von Verurteilung und Selbstverdammung. Groll zerfrisst innerlich und Verbitterung kommt einem seelischen Selbstmord gleich. Wenn man sich zwischen Schuld und Verbitterung entscheiden muss, ist die Schuld zu wählen. Die Auswirkungen der Sucht sind wahrzunehmen ohne die Sucht zu verdammen. Die Sucht ist nahe am Kern des Selbst angesiedelt und somit ist ihre Verurteilung eine Selbstverdammung. Wenn wir uns in diesem Thema ablehnen, lehnen wir auch den Menschen ab der all das erlebt hat und das ist lebensverneinend. Es ist immer wieder Zeit ein anderes Leben zu wählen. Die Ausrichtung darauf die Wahrheit zu sagen und Kreativität auszuleben sind ein guter Anfang. Außerdem wo es geht Selbstregulation von innen (statt von außen durch Verhalten/Substanzen) erlernen und praktizieren.
Sowohl spirituelle als auch psychologische Arbeit ist erforderlich, um unsere wahre Natur zurückzuerobern. Ohne psychische Stärke kann spirituelle Praxis leicht zu einer weiteren suchterzeugenden Ablenkung von der Realität werden. Umgekehrt neigen wir ohne spirituelle Perspektive dazu, in der begrenzten Erfahrungswelt des verstehenden Egos stecken zu bleiben, selbst wenn es ein gesünderes und ausgeglicheneres Ego ist. Der Hunger der Seele nach Bindung und Sinn bleibt ungestillt. Ziel einer Therapie ist es, das unzulängliche Selbst zu stärken, indem der Ursprung des emotionalen Schmerzes einer Person aufgedeckt wird und die gegen den Schmerz aufgebauten, starren Abwehrmuster gelöst werden. Die spirituelle Forschung pflügt den selben Boden, zielt aber mehr darauf ab wiederzuentdecken, was ganz ist und nicht abwesend war, sondern nur im Dunklen verborgen lag. Spirituelles Erwachen meint einen Mensch, der seine volle Menschlichkeit einfordert.
Offene Akzeptanz nach innen und außen üben. Sich nicht „nur“ den Inhalten, sondern auch den Prozessen des Geistes bewusst werden. Ohne Bewusstheit hat man keine Wahl. Entscheidungsfreiheit ist ein Kontinuum. Mitfühlende Neugier auf sich selbst ohne Rechtfertigung und Rationalisierung kann entwickelt werden. Wenn wir uns nicht gegen andere und vor allem gegen uns selbst verteidigen müssen, sind wir offen dafür wie die Dinge sind. Den Suchtdruck mit bewusster Aufmerksamkeit beobachten und die Schuld direkt dem Gehirn zuschreiben. Es ist das Gehirn, das die falsche Botschaft sendet. Die Sucht hat in Bindungs-,Belohnungs-, Anreiz- und Motivationskreisläufe Einzug gehalten und die Kontrolle übernommen. Der Drang repräsentiert emotionale Bedürfnisse die unbefriedigt sind. Wir können Phasen der Entwicklung nur durchlaufen, wenn die Bedürfnisse, die wir in jeder einzelnen Phase haben, vollständig befriedigt sind. Dann kann das Gehirn loslassen. Das süchtige Gehirn kann niemals loslassen.
Die Verantwortung für die Angst vor der Leere übernehmen und sie als was zutiefst Eigenes anzunehmen, statt sie mit sich selbst zu gleichzusetzen. Das kann gelingen, wenn wir die verborgene Leere im Kern nicht mehr (zwanghaft) auszufüllen versuchen. Die Leere liegt in der Wahrnehmung kein Mitgefühl zu erhalten und nicht gespürt zu werden. Das Gefühl der Leere als Kernzustand jedes Abhängigen ist nicht auslöschbar, es zu versuchen raubt Energie/Leben/Wachstum. Die Leere, die nie weg geht stückweise da sein lassen. Mit Mitgefühl erkennen wir, dass die Sucht die Antwort war – die beste Antwort, die wir zu diesem Zeitpunkt in unserem Leben finden konnten – auf das Problem der Isolation von unserem wahren Selbst und vom Rest der Schöpfung. Darüber hinaus ist sie es die uns niedergeschlagen, traurig und wütend macht. Nicht die Welt, nicht etwas außerhalb von uns ist, sondern was wir in uns tragen, hält uns gefangen. Wir sind nicht verantwortlich für die Welt, die unseren Geist erschaffen hat, aber wir können die Verantwortung für unseren Geist übernehmen, mit dem wir unsere Welt gestaltet haben.Eine wertvolle Forschungsfrage ist: Wenn ich mein Suchtverhalten ohne zu urteilen untersuche, WEN finde ich da?
Ein Gefühl für das Selbst entwickeln in dem das Gefühl der unzureichenden Leere ein Teil ist. Selbstwertgefühl ist nichts bewusst Gedachtes, sondern die Eigenschaft der Selbstachtung, die sich im emotionalen Leben und den Verhaltensweisen zeigt. Von unserem natürliche Selbstmitleid isoliert zu sein, gehört zu den schlimmsten Beeinträchtigungen, die wir erleiden können. Mit unserer Fähigkeit unseren Schmerz zu spüren, verlassen uns unsere größten Hoffnungen auf Heilung, Würde und Liebe.
Emotionale Reife fördern vor allem in der Gleichzeitigkeit von Verbundenheit (emotionalen Kontakt) und autonom bleiben. Lernen mit Anderen zu interagieren ohne sich selbst zu verlieren. Förderlich dafür ist ein gesunde emotional reife menschliche Umgebung in der man sich Liebe (offen und verletzlich auf einer tiefen emotionalen Ebene) erlauben kann. Liebe für sich akzeptieren, rein und raus fließend zu lassen und (aus)halten lernen kann. Einstimmung ist die echte Sprache der Liebe. Einstimmen meint emotional erreichbar und präsent sein sowie mit den emotionalen Zuständen mitschwingen. Das größte Geschenk, dass wir bekommen können, ist uns gefühlt zu fühlen und zu erfahren der andere ist ganz bei mir.
Inseln der Entlastung schaffen: Nicht den suchtkranken Teil verändern wollen, sondern das Umfeld und den Umgang mit den Abhängigkeiten verändern. Als Angehöriger ist es wichtig klar zu haben, dass die Umwandlung des Süchtigen von innen heraus kommen muss und „nur“ die Faktoren der eigenen Beziehung zu ihnen und das unterstützende Umfeld verändert werden kann. Kurz: Veränderung der äußeren Umgebung UND Modifizierung des inneren Klimas lockert Abhängigkeitsprozesse.
In tiefer Dankbarkeit für dieses Meisterwerk und alle mitfühlenden Menschen!
Barbara