Lieben

Herz ging zu Freundschaft: „Bist Du es die mich so pochen lässt?“ „Ich bin es nicht allein … es ist treuer als ich!“

Herz ging zu Leidenschaft: „Bist Du es die mich so hüpfen lässt?“ „Ich bin es nicht allein … es ist wilder als ich!“

Herz ging zu Liebe: „Bist Du es, die mich so schmelzen lässt?“ „Ich bin es nicht allein … es ist tiefer als ich!“

Da ging Herz zur Stille: „Bist Du es: treuer als Freundschaft, wilder als Leidenschaft, tiefer als Liebe?“ Stille sagte nichts. Sie war es.

 

Der Prozess des Erwachens brachte es mit sich, dass nebenbei die allerletzte Bindung und Verstrickung zu meinen Eltern mit meiner Einwilligung gelöst wurde. Das war nur ein Randphänomen beim Fallen in die Tiefe. Im Leben danach brechen dadurch alte Konflikt auf, die mich an meine tiefsten Wunden bringen. Ich habe immer wieder versucht diese Schmerzen, des Andersseins, der Trennung, meiner Unmöglichkeit mich ihnen verständlich fühlbar auszudrücken, und mich irgendwie liebenswert zu machen auszuweichen. Schweigen, Rückzug, Isolation, wachsam sein, zurückhalten, gefällig sein bis zur gänzlichen Selbstverleugnung. Das ist vorbei es geht nicht mehr. Game over!

Ich habe einen Konflikt mit meinem Vater ausgetragen und ausgefühlt. Das ist ein ganz seltener Vorfall, weil ich ihm mein Leben verdanke in jeder Hinsicht und kaum wage diesen Menschen, der so viel für mich getan hat, mich wirklich zuzumuten. Ihn aus Selbstschutz vor meinem Sosein in Ungnade zu erfahren bedeutet kaltes Schweigen, Liebesentzug, stechende kurze Sätze und beharrliche Unnahbarkeit. Versuche zur Versöhnung gehen immer nur vom Gegenüber in dem Fall mir aus und zeigen wie missverständlich und missverstanden ich bin. Rausgerutscht ist mir „du hast mich nie geliebt so wie ich tatsächlich bin, weil ich mich so ab dem Volksschulalter niemanden mehr wirklich gezeigt und zugemutet habe“. Gedeutet wurde es als er habe mich nicht geliebt, was natürlich Unsinn ist. Kein Mensch mochte mein altes Ich so wie er. Nur das ist ein Bild, das ich aufgebaut habe. Die Illusion einer sportlichen, disziplinierten, sich anstrengenden, viel arbeitenden guten Lehrerin, die er gern hatte. Jetzt so wie ich immer mehr ich selbst bin und eben auch faul, hilflos, verzweifelt, schwach, voller sichtbarer werdenden seelischen Verletzungen bin ich zu viel des Guten. Weil ich eben nicht die Gute bin, die ich so gerne wäre. Mein Kinderspitzname „Hexe“ trifft mein wahres Selbst deutlich besser.

Jemand sagte mir vor einiger Zeit: Dort wo deine größte Verwundung liegt, ist deine größte Gabe.

Liebe ist mein größter Schmerz, mein dunkelster Schmerz, mein hellster Schmerz, meine größte  Weitung. Liebe ich auch noch, wenn du so ganz anders bist als ich gehofft habe? Liebe ich mich auch noch, wenn die dunkelsten Kellerräume in mir sichtbar sind? Oder liebe ich nur eine Idee von dir/mir? Meine Idee in der ich die Kontrolle behalte, nicht über dich, sondern über mich, über meinen Schmerz der dein „so anders sein“ in mir auslöst. Erschreckend! Es meint verhalte dich so, dass ich meinen Schmerz nicht fühlen muss. Und es versteckt die Forderung mir all das zu geben, was ich in meinem Mangeldasein nicht vermag mir selbst zu geben.

Das fühlen, in diese Form der Liebe hinein sterben …

Lieben meine größte Gabe?

Lieben – vielleicht bedeutet es: Ich liebe wirklich dich/mich und zwar immer, jeden Tag. Egal wo du/ich bin, egal was passiert, egal wie du/ich bin. Dein und mein Verhalten muss mir nicht gefallen. Diese Liebe ist in mir unabhängig von dir. Sie ist für dich, für das Leben und in mir, dir, allem.

 

Die verdichtete Essenz aus der Geschichte:

LIEBE ist mein größter Schmerz, mein dunkelster Schmerz, mein hellster Schmerz, meine größte Weitung.

Liebe ich auch noch, wenn du so ganz anders bist als ich gehofft habe?

Liebe ich nur meine Idee von dir?

Meine Idee in der ich die Kontrolle behalte, nicht über dich, sondern über den Schmerz, der dein so-anders-sein in mir auslöst.

Erschreckend, es meint verhalte dich so, dass ich meinen Schmerz nicht fühlen muss.

Liebe – heißt das: Gib mir all das was ich in meinem Mangeldasein nicht vermag mir selbst zu geben?

Unmöglich das und von Liebe zu schreiben. In die Liebe hinein sterben …

 

Lieben – vielleicht bedeutet es:

Ich liebe wirklich dich,

und zwar immer,

jeden Tag,

egal wo du bist,

egal was du machst oder unterlässt zu tun,

egal mit wem du bist,

egal wie du bist,

dein Verhalten muss mir nicht gefallen.

 

Diese Liebe ist in mir

unabhängig von dir

für dich und für das Leben

in mir, dir, allen und allem.

 

Aus der Liebe herausschreibend deine Barbara

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